In einem renovierten Teil des Palazzo del Duca, der seit Jahren die Ausstellungen der Stadt Senigallia beherbergt, werden etwa 80 sorgfältig ausgewählte Fotografien präsentiert, die in Zusammenarbeit mit den Giacomelli-Archiven, vertreten durch die beiden Direktoren Simone Giacomelli und Katiuscia Biondi, kuratiert wurden.
Es handelt sich hierbei nicht um eine temporäre Ausstellung, sondern um eine echte museale Einrichtung, die das poetische und künstlerische Universum des großen Fotografen aus Senigallia erlebbar machen soll – dauerhaft sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für Besucher. Zudem soll eine innovative Interpretation des Werks des Meisters geboten werden, indem seine Werke nicht chronologisch oder nach Serien präsentiert werden, sondern seine poetische Vision durch Themen und Inspirationen verdeutlicht wird.
Das herausragende Merkmal der Persönlichkeit – sowohl privat als auch fotografisch – von Mario Giacomelli war seine tiefe Verbundenheit mit seiner Heimat. Er verließ sie nur ungern, schaffte es aber dennoch, mit seiner Kunst schon früh die geografischen Grenzen zu überwinden, da seine Arbeit von einem starken experimentellen Geist und einem leidenschaftlichen Forscherdrang geprägt war.
„Giacomelli nähert sich der Realität nicht, um sie mit angeblicher Objektivität zu dokumentieren, sondern um das Besondere ins Universelle zu erheben und die Zeit in die kreisförmige Unendlichkeit der ewigen Wiederkehr zu lenken“, schreibt Katiuscia Biondi. „Er nutzt die Fotografie, um in die Welt und in sein eigenes Inneres einzutauchen, wobei er selbst zugibt, dass es sich dabei um eine Art Reinigungsritual handelt. Die einzelnen Aufnahmen sind unlösbare Fragmente einer einzigen Erzählung – seiner Lebensgeschichte und seiner Beziehung zur Welt. Jedes Foto verweist auf die anderen in einer stilistischen, symbolischen und zeichenhaften Einheit, die nur ein Meister mit solcher Konsequenz und evocativen Kraft erreichen kann.“
Giacomelli reiste nur selten von Senigallia fort; er besuchte Orte wie Scanno, Lourdes, Loreto, Apulien und Kalabrien. Doch er schöpfte vor allem aus den Landschaften und Figuren seiner Heimat: die Seminaristen aus „Io non ho mani che mi accarezzino il volto“, die Alten aus dem Hospiz in „Verrà la morte e avrà i tuoi occhi“, die ländlichen Szenen mit den dort lebenden Menschen, die Liebenden, inspiriert von der „Anthologie von Spoon River“, und die Porträts – all das erzählt von Senigallia und seiner Umgebung, vom Meer bis ins Hinterland.
„Giacomelli nähert sich der Realität nicht, um sie mit angeblicher Objektivität zu dokumentieren, sondern um das Besondere ins Universelle zu erheben und die Zeit in die kreisförmige Unendlichkeit der ewigen Wiederkehr zu lenken“, fährt Biondi fort. „Er macht sich die Lehren von Maestro Cavalli zu eigen, der eine Fotografie befürwortete, die sich vom bloßen Dokumentationszweck befreit, da es keine Welt außerhalb unseres Blicks gibt. Giacomelli treibt diese Vision ins Extreme, in seiner dramatischen Art, die Realität widerhallen zu lassen.